Bill trickst auch in der Schweiz
Wie Mannheims Ex-Trainer Stewart weiterhin für viel Furore sorgt
Ein Trainer zwischen Genie und Wahnsinn: Der Ex-Coach der Mannheimer Adler, Bill Stewart, macht auch in der Schweiz von sich reden. Knapp dreieinhalb Jahre lang stand er als Verantwortlicher bei den Kurpfälzern an der Bande. In dieser Zeit war er für einige Erfolge, aber für mindestens genauso viele Schlagzeilen gut - seine Eskapaden bahnten sich den Weg durch Eishockey-Deutschland. Derzeit steht Stewart beim abstiegsbedrohten Schweizer Erstligisten in Lausanne in Lohn und Brot und sorgt dort für nicht weniger Furore.
Nach einem Trainerintermezzo in Krefeld am Ende der vergangenen Spielzeit steht Stewart seit Herbst letzten Jahres in Lausanne an der Bande. Nach seinem Amtsantritt beim Tabellenletzten holten die Löwen einen Neun-Punkte-Rückstand auf den Vorletzten aus Fribourg auf, Stewart wurde mit einer Vertragsverlängerung bis 2006 belohnt und holte Ex-Adler Andy Roach und NHL-Star Martin St. Louis in sein Team. Am Ende landete Lausanne dennoch auf dem letzten Vorrundenplatz, acht Punkte hinter den Tigers aus Langnau. St. Louis hatte Lausanne nach sechs Spielen tief enttäuscht wieder verlassen. Schon gegen Ende der Vorrunde nährte sich die Kritik aufgrund der anhaltenden sportlichen Erfolglosigkeit. In den letzten elf Vorrundenspielen holte Stewart mit seiner Mannschaft nur einen einzigen Punkt. In den zehn Abstiegsrundenspielen gegen Kloten und Fribourg gab es nur zwei Siege. Nun muss der HC Lausanne im entscheidenden Abstiegsduell gegen Zweitligameister Basel sein Glück versuchen.
Kurios begann das Duell gegen Fribourg: Der Kanadier Jeff Shantz, der in der Vorrunde 28 Scorerpunkte für Langnau erzielte, trug in den Spielen seines Klubs gegen Fribourg drei Assists bei und sicherte Langnau damit den Klassenerhalt. Fribourg zeigte sich beeindruckt und verpflichtete Shantz seinerseits für die Duelle gegen Lausanne. Dort wurde Shantz, dem auch ein Angebot der Mannheimer Adler vorliegt, schnell zum Buhmann für die Fans in Lausanne. Stewart sah sich und seine Spieler zudem schnell durch einseitige Schiedsrichterentscheidungen und eine vermeintliche Hetzjagd gegen Eric Landry, den Kopf der Equipe aus Lausanne, benachteiligt. So nahm Stewart das Heft in die Hand und plakatierte die Schiedsrichterkabine in Lausanne vor dem dritten Spiel gegen Fribourg. Er bat dabei um faire Regelauslegung und sprach die Berufseinstellung der Referees an. Die Aktion brachte ihm prompt ein Verfahren beim Schweizer Eishockeyverband ein, das inzwischen aber wieder eingestellt wurde. In der Begründung hieß es, Stewart habe eine "für hiesige Verhältnisse eher unbekannte Variante der Schiedsrichterbeeinflussung" gewählt. Die Plakate seien jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Doch die Aktion hatte ihren Grund, kurz danach nagelte Jeff Shantz Eric Landry mit einem üblen Check in die Bande, Landry musste mit schweren Gesichtsverletzungen vom Eis geführt werden. Lausanne strengte nun seinerseits fünf (!) Verfahren an: gegen den Spieler Jeff Shantz, gegen den HC Fribourg-Gottéron wegen der mangelhaften Infrastruktur (Landry hatte sich an Metallteilen an der Bande Schnittverletzungen zugezogen), gegen den Fribourg-Trainer Mike McParland (Beschuldigung von Verletzungsabsichten), gegen Fribourgs Direktor Roland von Mentlen (Besuch in der Schiedsrichtergarderobe) sowie gegen das Schiedsrichter-Trio um Brent Reiber. Zudem hat sich der HC Lausanne zivilrechtliche Schritte vorbehalten.
Inzwischen hat Lausanne die Serie (ohne den verletzen Eric Landry) mit 1:4 verloren, das Verfahren gegen Stewart ist ebenso ad acta gelegt wie die oben genannten Anstrengungen gegen Fribourg und die Schiedsrichter. Dafür steht jetzt das nächste Verfahren gegen den HC Lausanne an. Der Verein hatte Eric Landrys Verletzungen mit einem Foto belegt, das von einer Fotoagentur nachträglich retuschiert wurde, um die Verletzungen des Spielers verschlimmert darzustellen. Ganz am Rande steht Stewart in den eigenen Reihen immer mehr in der Kritik. Die Spieler erhielten Interviewverbote, der erste Spieler musste die Mannschaftskabine bereits komplett räumen, weitere Cracks haben bereits ihren Abschied zur kommenden Saison angekündigt, weil sie unter Stewart nicht mehr spielen wollen. Und nicht zuletzt wird Stewart jetzt vorgeworfen, dass er absichtlich absteigen wolle, um seine Ausstiegsklausel aus seinem laufenden Vertrag im Falle eines Abstiegs in die Nationalliga B zu nutzen. Stewart liegt ein unterschriftsreifes Angebot des DEL-Klubs abstiegsbedrohten Kassel Huskies vor.
Der "Ohnmachtsanfall"Schon vor seiner Verpflichtung in Mannheim waren die Geschichten des eigenwilligen Trainers über das Internet nach Deutschland geschwappt. Als Trainer einer kanadischen Junioren-Mannschaft schmuggelte er einen ukrainischen Spieler ohne das notwendige Visum im Gepäckraum des Mannschaftsbusses über die Grenze in die USA. Grenzkontrollen gab es keine, aber einige redselige Journalisten brachten die Aktion ans Tageslicht und handelten dem kanadischen Coach ein Einreiseverbot in die USA ein. Seine Trainerkarriere in Nordamerika war damit beendet. Der Ruf aus Mannheim kam gelegen. Im Sommer 2000 holten die Adler Stewart nach einer enttäuschenden Saison unter Chris Valentine nach Mannheim. Stewart beeindruckte zunächst mit seiner Akribie und führte die Adler mit dem Finalgewinn in München zum vierten Titel in fünf Jahren. Im Jahr darauf reichte es noch zum Pokalsieg sowie zum Finaleinzug - am Ende holten sich die Kölner Haie im Friedrichspark die Meisterschaft 2002.
Ein Jahr später waren erneut die Haie Endstation, diesmal schon im Halbfinale. Im Frühjahr 2004 war dann Schluss in Mannheim. Nachdem man ihm mitgeteilt hatte, dass sein auslaufender Vertrag nicht verlängert werden würde, zog Stewart umgehend die Konsequenz und trat als Headcoach der Adler zurück. Sportlich konnte sich seine Bilanz in Mannheim durchaus sehen lassen, doch das erfolgreiche, aber unattraktive Spiel sowie seine eigenwillige Art machten ihn bei Fans und Spielern zunehmend unbeliebter. Dazu gab es einige Kuriositäten der Marke Stewart. Im Viertelfinalduell gegen die Berlin Capitals im Jahr 2001 leistete sich Stewart eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Mannheims Ex-Kapitän Pavel Gross - zu dieser Zeit Trainer der Hauptstädter. Wenige Wochen später folgte der "Ohnmachtsanfall" von München. Beim Finalspiel musste Mannheims Superstar Jan Alston für einige Minuten wegen einer defekten Kufe passen. Stewart versuchte Zeit zu schinden und simulierte bei laufendem Spiel einen Schwächeanfall auf der Trainerbank. Kaum war Alston wieder auf dem Eis, hatte sich Stewarts Kreislauf natürlich wieder erholt.
Quelle: http://www.main-rheiner.de
In diesem Sinne captain ahab.
* * * Mitglied des gMAgC * * *
(Gelbes Männchen Auswärtsfahrten Gedächtnis Circle)