Bei meinem üblichen Onlinepressespiegel bin ich über einen Artikel bei Spiegel-Online gestoßen, bei dem es sich wohl um eine sartirische Aufbereitung und einen schlechten Scherz über unsere Huskies handeln muss. Zwar hat der Autor durch die Änderung von Namen und Handlungsorten versucht die Geschichte fiktiv erscheinen zu lassen. Dem Insider wird jedoch sofort klar, dass unsere Huskies damit gemeint sind. Entgegen unserer üblichen Praxis und aufgrund der besonderen Bedeutung zitiere ich den Artikel hier in voller Länge:
In Antwort auf:
HUSKYS IN HEMSEDALGoldene Regel des Mushers
Von wegen, der Kutscher kennt den Weg. Die Huskymeute ist es, die nahezu alleine Tempo und Route der halbrecherischen Schlittenfahrt bestimmt. Autor Karsten-Thilo Raab kämpft mit flatulenten Hunden und einem Mitfahrer, der die goldene Regel der Musher missachtet.
Wenn sie nicht schlafen oder fressen, steht ihnen der Sinn nur nach Laufen, Laufen und Laufen: den Huskys von Hemsedal. Ihr Spaß wird auch nicht durch die Tatsache geschmälert, dass sie in ein Geschirr gepresst sind und einen Schlitten mit Lenker sowie Passagier im Schlepptau haben. Ihr Revier ist der zugefrorene und von einer dichten Schneedecke überzogene Tisiefjorden, ein riesiger See vor den Toren eines der größten Wintersportgebiete in Norwegen.
Wenn sie nicht schlafen oder fressen, steht ihnen der Sinn nur nach Laufen, Laufen und Laufen: den Huskys von Hemsedal. Ihr Spaß wird auch nicht durch die Tatsache geschmälert, dass sie in ein Geschirr gepresst sind und einen Schlitten mit Lenker sowie Passagier im Schlepptau haben. Ihr Revier ist der zugefrorene und von einer dichten Schneedecke überzogene Tisiefjorden, ein riesiger See vor den Toren eines der größten Wintersportgebiete in Norwegen.
Schon beim ersten Blick auf die Meute wird deutlich, wie unterschiedlich die Charaktere der Hunde sind. Einige liegen entspannt im Schnee. Andere hüpfen laut bellend auf und ab und können es gar nicht abwarten, bis die wilde Hatz beginnt. In wenigen Worten erklärt Johan Müller, der seit dem Jahre 2002 Schlittenhundetouren anbietet, die Handhabung der Schlitten. Neben einer Schleifbremse, die dafür sorgt, dass das Tempo nicht zu hoch wird, verfügt das Gefährt über eine Fußbremse sowie einen Anker.
"Let the dogs do the driving", schmunzelt Johan Müller und steigt in Bärenfellmütze und dicker, gefütterten Lederhose auf den Schlitten. Mit beiden Füßen steht er auf der Schneebremse. Erst dann löst er den Anker, während er sich locker mit einer Hand am Bügel des Schlittens festhält. Seine Huskys sind nun nicht mehr zu halten, mit lautem Bellen, Jaulen und Heulen stieben sie davon. Schnell machen auch wir uns startklar. Scheinbar mühelos nehmen die sechs Hunde Tempo auf. Über Stock und Stein jagt das Gespann Johan Müller hinterher. Kein Blick zurück - als Passagier und Hobby-Musher scheinen wir für sie Luft. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass wir zusammen fast 200 Kilogramm auf die Waage bringen.
Huskygespann mit Rückstoßbeschleuniger
Und während wir darüber spekulieren, wann die Schwanzwedler wohl angesichts unsere Gewichts kapitulieren werden, rennen Josse, Marika, Laila & Co., ohne das Tempo auch nur einmal minimal zu drosseln. Stattdessen scheinen sich die flauschigen Huskys einen Spaß daraus zu machen, möglichst dicht an Bäumen und Sträuchern vorbeizulaufen. Im Minutentakt müssen wir vor heranfliegenden Ästen in Deckung gehen. Vielleicht wollen sie auch nur verhindern, dass wir einfrieren, wozu wir angesichts der heißen Kufe eigentlich keine Gelegenheit haben.
Wenig später erreichen wir ein großes Stück der Seenplatte. Plötzlich verschlägt es uns inmitten der Idylle den Atem: Unser Gespann hat Flatulenz. Die Mischung aus Trockenfutter und Fleisch, mit der die Schlittenhunde gefüttert werden, setzt ganz besondere Düfte frei und treibt uns fast die Tränen in die Augen. Als Rückstoßbeschleuniger à la Raketenantrieb scheint das Biogas allerdings nicht geeignet, denn nun wird der Abstand zu dem vorausfahrenden Gespann sekundlich größer.
"Alles Frauen mit Power"
Wir fragen uns, an welchem Ende des Schlittens das Problem liegt? Sollten die Hunde doch nicht so ausdauernd sein, wie wir dachten? Sind wir doch zu schwer? Müssen wir Ballast abwerfen? Oder müssen wir gar eine Pause einlegen? Wir versuchen es mit Anfeuerungsrufen: "Hopp, hopp!" Keine Reaktion. Vielleicht verstehen die Hunde auch nur Norwegisch. Diesbezüglich sind wir jedoch mit unseren Sprachkünsten schnell am Ende. "Skol, skol!" Auch dies hilft nicht wirklich. Mein Passagier Stefan greift in die weiße Pracht neben dem Schlitten, formt einen paar Schneebälle und versucht die Hunde mit dezenten Würfen auf das Hinterteil anzutreiben - vergebens.
Also entscheiden wir uns, eine kurze Pause einzulegen. Einige der Hunde werfen sich sofort in den Schnee und wälzen sich hin und her, um sich abzukühlen. Die übrigen hüpfen wie Flummis auf und ab und können es gar nicht abwarten, bis es weitergeht. Auch Johan Müller hat sich scheinbar seine Gedanken über uns Tempo - vielleicht auch über unser Gewicht - gemacht. Auf jeden Fall aber tauscht er zwei Hunde mit denen seines Gespanns aus. "Statt des VW-Motors habt ihr jetzt einen Ferrari vor dem Schlitten. Alles Frauen mit Power", flachste der ansonsten eher wortkarge Guide.
Bevor wir die Fahrt fortsetzen, nutzen wir die Unterbrechung für einen Fahrerwechsel. Ich mache es mir halb sitzend, halb liegend auf der Ladefläche bequem, während nun Stefan sein Glück als Schlittenlenker probiert. Doch auch mit den frischen Huskys können wir kaum Anschluss an Johan Müller halten. Als wir am Ufer des Sees eine steile Böschung hochfahren, zeigt Stefan Herz. Er springt vom Schlitten, damit die Hunde nicht so schwer asten müssen. Ein fataler Fehler, wie sich schnell rausstellt. Stefan hatte in einem Anfall geistiger Umnachtung die goldene Regel des Schlittenfahrens außer Acht gelassen.
Die goldene Schlittenregel
Schließlich hatte uns Johan Müller mehrfach vor der Fahrt eingebläut, niemals, wirklich niemals und unter keinen Umständen den Schlitten loszulassen. Kaum sind Stefans Füße von den Kufen, geben die Hunde mächtig Stoff. So sehr ich mich über den durch den Tiefschnee watenden, verzweifelten Stefan amüsiere, so schnell wird mir auch meine missliche Lage meiner liegenden Position bewusst. Ohne Fuß an der Bremse oder Zugriff auf den Anker habe ich keine Möglichkeit, die vierbeinigen Rennmaschinen zum Halt zu bringen.
In einem irrsinnigen Tempo schießt das Hundegespann über die Ebene. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon samt Schlitten um einen Baum gewickelt, als Johan Müller, der das Geschehen aus der Ferne beobachtet hat, mit einem Hechtsprung die Hunde zu fassen bekommt.
Nach diesem kleinen Abenteuer ändert sich unsere Sichtweise. Plötzlich gefällt es uns, dass unserer Sechsergespann mit mäßiger Geschwindigkeit weiterläuft. "So können wir die herrliche Landschaft besser genießen", trösteten wir uns, während sich die einstündige Tour dem Ende näherte.